Welches Ziel hat die Risikobeurteilung?

Die Risikobeurteilung ermöglicht dem Hersteller, die von dem Produkt ausgehenden Gefahren und Risiken präventiv zu erkennen, einzuschätzen und zu bewerten. Das Instrument liefert Kriterien für die Auswahl unterschiedlicher Entwicklungsalternativen und ermöglicht die Ableitung von Anforderungen für die sichere und gesundheitsgerechte Gestaltung. Auf Basis der Risikobeurteilung kann der Hersteller prozessbegleitend ein Sicherheitskonzept entwickeln und in den Entwicklungsprozess integrieren. Mögliche Risiken werden zielgerichtet minimiert und somit dem Grundgedanken des Produktsicherheitsgesetzes nach der Schaffung sicherer und gesundheitsgerecht gestalteter Produkte Rechnung zu tragen. Zudem hilft dieses Instrument auch dem frühzeitigen Erkennen von Fehlentwicklungen, die später extrem hohe Kosten verursachen können. Der Hersteller kann dieses Instrument in unterschiedlicher Analysetiefe in verschiedenen Phasen der Produktentstehung einsetzen.

Hersteller im CE-Prozess
Planungsphase

Bei der Planung können die mit der entwickelten Produktidee verbundenen Gefahren grob abgeschätzt werden.

Betreiber von Maschinen
Konzeptionsphase

In dieser Phase der Produktentstehung können Gefahren geplanter Wirkprinzipien ermittelt und risikoarme Lösungsvarianten zusammengestellt werden.

Automatisierer im CE-Prozess
Entwurfsphase

In der Entwurfsphase können Risiken des Gesamtentwurfs detailliert ermittelt werden. Es kann über die Einordnung des Produktes, z. B. eine Maschine mit hoher oder niedriger Gefährdung, entscheiden werden.

Importeur
Ausarbeitungsphase

Auf der Grundlage der Fertigungsunterlagen kann eine detaillierte Risikobeurteilung durchgeführt werden.

Grundsätzlich gilt, dass Risikobeurteilungen so früh wie möglich immer wieder vor Entscheidungen durchgeführt werden. So können die relevanten Aspekte von Sicherheit und Gesundheitsschutz frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbezogen und damit teure Nachbesserungen vermieden werden. Der Importeur und Händler kann mit einer Risikobeurteilung bereits eine Entscheidung über die Einfuhr oder den Handel eines Produktes treffen und bei der Kontrolle des Produktes die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen überprüfen. Die Durchführung einer Risikobeurteilung ist für zahlreiche Produktgruppen verbindlich vorgeschrieben. Für alle anderen Produkte ist sie jedoch ebenso die Voraussetzung für die Entwicklung und Herstellung sicherer und gesundheitsgerechter Produkte.

Prozess der Risikobeurteilung und Risikominderung

Die Grundlage der Risikobeurteilung für Maschinen ist die Norm EN ISO 12100 und ist eine Folge von logischen Schritten, welche eine systematische Analyse und Bewertung von Risiken ermöglicht.

Bevor wir uns jedoch der Thematik annähern, gilt es noch eine Frage zu klären.

Wer erstellt die Risikobeurteilung? Verantwortlich für die Erstellung der Risikobeurteilung ist in erster Linie der Hersteller. In der Regel sind es dann die Konstrukteure, da diese in der Produktentwicklung und Konstruktionsarbeit involviert sind. Oftmals ergibt es Sinn, dass sich ein Bewertungsteam, bestehend aus Konstrukteuren aller relevanten Fachbereiche, erfahrenen Praktikern, einem CE-Koordinator und der Fachkraft für die Arbeitssicherheit, zusammenfindet.

Jetzt kommen wir zur Risikobeurteilung. Die Risikobeurteilung setzt sich strukturell aus der Risikoanalyse und der Risikobewertung zusammen.

Starten wir mit der Risikoanalyse, genauer gesagt, mit der Festlegung der Grenzen!

Bestimmung der Grenzen einer Maschine

Der erste Schritt ist die Festlegung der Grenzen der Maschine. Also eine theoretische Vorüberlegung zur sicheren Handhabung der Maschine. Dieses Verfahren ist in der EN ISO 12100 beschrieben. Mit der Festlegung der Grenzen der Maschine können die betrachteten Risiken der Maschine eingegrenzt werden.

Bei Definition der EN ISO 12100 wird die bestimmungsgemäße Verwendung wie folgt definiert:

  • Verwendung einer Maschine in Übereinstimmung mit den in der Benutzerinformation bereitgestellten Informationen.

Welche Fragestellungen sollten bei der bestimmungsgemäßen Verwendung geklärt werden.

  • Wofür ist die Maschine geeignet? Eine genaue Beschreibung zur vorgesehenen (bestimmungsgemäße) Verwendung.
  • Für welchen Einsatzbereich ist die Maschine vorgesehen? Zum Beispiel in der Industrie, im Gewerbe und im Haushalt.
  • Welche Anforderungen an die Ausbildung, Erfahrungen oder Fähigkeiten des Personals müssen vorausgesetzt werden?
  • Sind verschiedene Betriebsarten mit unterschiedlichen Eingriffsmöglichkeiten vorgesehen? Zum Beispiel Eingriffe zum Entnehmen von Teilen, Beheben von Fehlfunktionen.
  • Sind die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Maschine berücksichtigt?

Bei Definition der EN ISO 12100 wird die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung wie folgt definiert:

  • Verwendung einer Maschine in einer Weise, die vom Konstrukteur nicht vorgesehen ist, sich jedoch aus dem leicht vorhersehbaren menschlichen Verhalten ergeben kann.

Eine Maschine bietet nicht unbedingt für sämtliche denkbaren Verwendungsmöglichkeiten die erforderliche Sicherheit.

Zwei Beispiele:

  • Maschine für die Metallbearbeitung --> Vorhersehbare Fehlanwendung ist eine maschinelle Bearbeitung von Holzmaterialien.
  • Fahrbare Hubarbeitsbühne --> Vorhersehbare Fehlanwendung ist die Verwendung als Kran.

Aber nicht nur möglichen Fehlanwendungen müssen betrachtet werden, sondern auch vorhersagbare menschliche Verhaltensweisen. Hierzu zählen u.a.:

  • Verlust der Kontrolle der Bedienperson über die Maschine;
  • reflexartiges Verhalten einer Person im Falle einer Fehlfunktion, eines Störfalls oder Ausfalls während des Gebrauchs der Maschine;
  • Verhalten durch Konzentrationsmangel oder Unachtsamkeit;
  • Verhalten, das bei der Bewältigung einer Aufgabe auf die Wahl des „Weges des geringsten Widerstandes“ zurückzuführen ist;
  • Verhalten unter dem Druck, die Maschine unter allen Umständen in Betrieb zu halten;
  • Verhalten von bestimmten Personen wie zum Beispiel Kindern.

Die beschriebenen Verhaltensweisen können zu unterschiedlichsten Fehlanwendungssituationen führen.

  • Verwendung eines Krans oder von fahrbaren Hubarbeitsbühnen, ohne die Abstützungen auszufahren;
  • zwei Personen bedienen eine Presse, die für die Benutzung durch eine einzelne Person ausgelegt ist.

Besondere Beachtung muss Faktoren zukommen, die dazu führen können, dass trennende und nicht-trennende Schutzeinrichtungen manipuliert werden!

Welche Fragestellungen sollten bei den räumlichen Grenzen geklärt werden.

  • Welche Umgebungsbedingungen müssen vorliegen?
  • Wird die Maschine z. B. im Freien eingesetzt?
  • Wie groß ist der Platzbedarf für das Bedien- und Wartungspersonal?
  • Gibt es Schnittstellen zwischen der Maschine und der Energieversorgung?

Welche Fragestellungen sollten bei den zeitlichen Grenzen geklärt werden.

  • Ist die Lebensdauer der Maschine definiert?
  • Erfolgt die Verwendung in einem Einschicht- oder Mehrschichtbetrieb?
  • Werden Inspektions- und Wartungsintervalle benötigt?
  • Wann müssen sicherheitsrelevante Teile der Steuerung gemäß EN ISO 13849-1 getauscht werden?

Normen- und Richtlinienrecherche

Richtlinienrecherche bedeutet, dass als Grundlage zur Herstellung eines Produktes geprüft werden muss, ob und wenn ja, welche EU-Richtlinien bzw. EU-Vorschriften auf das Produkt zutreffen und somit angewendet werden müssen. Eine detaillierte Recherche steht daher stets am Anfang der Produktentwicklung.

Grundsätzlich sollte die Richtlinienrecherche nach dem Ausschlussverfahren durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass keine Richtlinie, die relevant wäre, ausgeklammert wird. Hierbei sollten nur die Richtlinien zur Disposition stehen, die überhaupt für das Inverkehrbringen von Produkten anwendbar sind.

Die verschiedensten EU-Richtlinien legen Anforderungen an die Produktsicherheit einzelner Produktgruppen fest.  In Deutschland werden EU-Richtlinien über das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) in nationales Recht umgesetzt und sind somit verbindlich anzuwenden.

Die EU-Vorschriften überschneiden und ergänzen sich einander, da sie eine breite Palette von Produkten und spezifischen Gefahren abdecken. Infolgedessen muss für eine Maschine neben der Maschinenrichtlinie möglicherweise weitere EU-Vorschriften berücksichtigt werden, da eine Maschine nur bereitgestellt und in Betrieb genommen werden darf, wenn sie alle anzuwendenden Bestimmungen erfüllt und die Konformitätsbewertung gemäß den anzuwendenden Richtlinien durchgeführt wurde.

EU-Vorschriften

Die unterschiedlichen EU-Vorschriften decken durch Ihre Anforderungen spezifische Gefahren ab, die eine Maschine aufweisen kann. Zum Beispiel geht es in der Richtlinie über die elektromagnetische Verträglichkeit und in der Richtlinie über Druckgeräte um andere Gefahren als in der Niederspannungsrichtlinie und der Maschinenrichtlinie, sodass die gleichzeitige Anwendung mehrerer Rechtsvorschriften erforderlich werden kann. Beispielweise kann neben der Maschinenrichtlinie auch die Druckgeräte-, EMV- oder ATEX-Richtlinie in Betracht kommen.

Die anzuwendenden EU-Vorschriften müssen somit beim Entwurf und der Herstellung der Maschine berücksichtigt werden, und die Maschine ist den Konformitätsbewertungsverfahren sämtlicher anzuwendender Richtlinien zu unterziehen, sofern keine anderslautenden Bestimmungen vorliegen.

Über den Anwendungsbereich bzw. Ausschluss mancher EU-Vorschriften werden Produkte explizit ausgenommen, da diese von anderen EU-Vorschriften erfasst bzw. die wesentlichen Anforderungen anderer EU-Vorschriften enthalten. Bei einer Maschine werden auch die elektrischen Gefahren über die Maschinenrichtlinie abgedeckt. Hierbei bezieht sich die Maschinenrichtlinie auf die Sicherheitsziele der Niederspannungsrichtlinie. Somit muss keine separate Konformitätsbewertung der Niederspannungsrichtlinie erfolgen.

Findet sich kein konkreter Ausschluss in den EU-Vorschriften, können für ein und dasselbe Produkt, ein und dieselbe Gefahr zwei oder mehr EU-Vorschriften gelten. In einem solchen Fall lässt sich das Problem der Überschneidung lösen, indem die stärker auf das Produkt ausgerichtete EU-Vorschrift Vorrang eingeräumt wird. Dieses Verfahren erfordert gewöhnlich, dass die Maschine einer Risikobeurteilung oder eine Analyse des Verwendungszwecks unterzogen werden muss, um zu entscheiden, welche EU-Vorschrift vorrangig Anwendung findet. Bei der Festlegung der produktbezogenen Gefahren kann sich ein Hersteller sich von den einschlägigen harmonisierten Normen für das betreffende Produkt leiten lassen.

Alle EU-Vorschriften und eine Liste der harmonisierten Normen sind auf der Seite der Europäischen Kommission zu finden. Sie stehen in allen Amtssprachen der EU zur Verfügung.

In allen EU-Vorschriften gibt es den Artikel "Anwendungsbereich", in dem klar geregelt ist, auf welche Produkte sich die EU-Vorschrift bezieht sowie einen Artikel zur "Begriffsbestimmung" der Eigenschaften oder Grenzen von Produkten definiert. Zu den meisten EU-Vorschriften gibt es bereits "Leitfäden", die nützliche Hilfestellungen bieten und Interpretationen von Gesetzestexten beinhalten.

Normen als Hilfestellung

Normen sind technische Spezifikationen und nützliche Hilfestellungen, die den Stand der Technik in bewährten, technischen Lösungen und Praktiken darstellen. Normen konkretisieren die grundlegenden Anforderungen aus den EU-Vorschriften. Die Anwendung von Normen ist freiwillig, stellen aber eine wichtige Rolle im Konformitätsbewertungsverfahren von Produkten dar. Wir empfehlen grundsätzlich die Einbeziehung harmonisierter Normen, da die Einhaltung von harmonisierten Normen die sogenannte Konformitätsvermutung auslöst und eine Rechtssicherheit für Hersteller darstellt.

Welche Typen von Normen gibt es?
Man unterscheidet in der Normung drei Typen von Normen, die im Folgenden kurz beschrieben werden:

  • Typ A-Normen: Normen vom Typ A sind Grundnormen. In ihnen sind grundlegende Festlegungen, die alle Produkte betreffen, festgelegt.
  • Typ B-Normen: In diesen Normen sind Sicherheitsaspekte geregelt, die auf mehrere Produkte zutreffen. Daher bezeichnet man Normen des Typs B auch als Gruppennormen. Diese Normen richten sich an Hersteller von Produkten und Sicherheitskomponenten.
  • Typ C-Normen: In der dritten Gruppe sind die Fach- und Produktnormen zusammengefasst. Diese Normen regeln den Umgang mit spezifischen Gefahren, die von Produktarten oder Produktgruppen ausgehen. Eine Besonderheit dieser Normen ist, dass sie sich auf A- und B-Normen beziehen, aber auch von Forderungen aus diesen abweichen können.

Aber wie recherchiert man Normen?
Bei der Recherche beginnt man mit der Suche nach spezifischen Typ C-Normen, die sich auf das Produkt direkt beziehen. Beispielweise existiert für Drehmaschinen die Typ C-Norm EN ISO 23125 - Werkzeugmaschinen - Sicherheit - Drehmaschinen.
Sind keine C-Normen vorhanden, so geht man auf die Liste der Typ B und Typ A-Normen über.

Die Recherche der Normen erfolgt anhand der Suche nach Schlagwörtern und den bibliografischen Daten der Normen. Mit diesem Ansatz kann ein bestimmter Kreis von Normen eingegrenzt werden. Um eine Entscheidung treffen zu können, ob die zuvor grob eingegrenzten Normen zur Anwendung kommen können, ist ein Einblick in die Norm notwendig. Dieser Einblick in eine Norm ist kostenpflichtig, sodass hier hohe Kosten auf die Hersteller zukommen können. Hier empfiehlt es sich, sich an einen Dienstleister zu wenden, da dieser häufig Systeme besitzt, die ihm den Einblick in Normen ermöglicht und zudem die nötige Sachkunde und Erfahrung besitzt eine rechtssichere Richtlinien- und Normenrecherche durchzuführen.

Sind die gesetzlichen Rahmenbedingen geklärt, kann mit der Erstellung der notwendigen technischen Nachweisdokumentation begonnen werden.

  • EN ISO 12100:2010
    Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung
  • EN ISO 13854:2019
    Sicherheit von Maschinen - Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschens von Körperteilen
  • EN 60204-1:2018
    Elektrische Ausrüstung von Maschinen - Allgemeine Anforderungen
  • EN ISO 13849-1:2015
    Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze
  • EN ISO 13850:2015
    Sicherheit von Maschinen - NOT-HALT – Gestaltungsleitsätze
  • EN ISO 13854:2019
    Sicherheit von Maschinen - Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschens von Körperteilen
  • EN ISO 13855:2010
    Sicherheit von Maschinen - Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeiten von Körperteilen
  • EN ISO 13857:2019
    Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen
Warnzeichen an einer Maschine - Restrisiko!

Sicherheitskonzepte
nach EN ISO 12100

Gerne unterstützen wir bei der normenkonformen Auslegung.

Sprechen Sie uns an!

Identifizierung von Gefährdungen

Sind die Grenzen der Maschine festgelegt, besteht der wichtigste Schritt bei jeder Risikobeurteilung einer Maschine in der Identifizierung vernünftigerweise vorhersehbarer Gefährdungen bzw. Gefährdungssituationen. Wichtig ist, dass diese Gefährdungen über sämtliche Lebensphasen der Maschine identifiziert werden.

Lebensphasen einer Maschine sind u.a.:

  • Transport
  • Montage und Installation
  • Inbetriebnahme
  • Normalbetrieb
  • Instandhaltung
  • Demontage
  • außer Betrieb nehmen
  • Entsorgung

Sind die Lebensphasen definiert, muss festgestellt werden, welche Arbeitsgänge durch die Maschine ausgeführt werden und welche Aufgaben durch Personen zu erfüllen sind, die mit der Maschine umgehen.


Das Bewertungsteam muss die Gefährdungen identifizieren und insbesondere berücksichtigen:

  • Das Eingreifen durch Personen während der gesamten Lebensdauer der Maschine.
    • Beispiele hierfür ist das Einrichten, Maschinenbeschickung, Stillsetzen der Maschine, etc.

  • Mögliche Betriebszustände der Maschine
    • Beispiele hierfür sind Normalbetrieb, Ausfall von Bauteilen, Störung, etc.

  • Unbeabsichtigtes Verhalten der Bedienperson oder vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung der Maschine
    • Beispiele sind reflexartiges Verhalten einer Person im Falle einer Fehlfunktion, eines Störfalls oder Ausfalls während des Gebrauchs der Maschine oder Verhalten einer Person, die bei der Bewältigung einer Aufgabe auf die Wahl des „Weges des geringsten Widerstandes“ zurückzuführen ist.

Als Hilfestellung zu möglichen Gefährdungen bieten sich Checklisten an. Wir empfehlen einen Blick in den Anhang B der EN ISO 12100 zu werfen, da dieser eine Auflistung möglicher Gefährdungen, Gefährdungssituationen und Gefährdungsereignissen enthält.

Risikoeinschätzung & Risikobewertung

Nach der Identifizierung der Gefährdungen erfolgt die Risikoeinschätzung für jede Gefährdungssituation. Hierzu gibt die EN ISO 12100 Risikoelemente vor, mit denen das Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens eingeschätzt wird.

Für die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens werden die folgenden Bestimmungsgrößen definiert:

  1. der Gefährdungsexposition einer Person/von Personen
  2. des Eintritts eines Gefährdungsereignisses sowie
  3. der technischen und menschlichen Möglichkeiten zur Vermeidung oder Begrenzung des Schadens.

Die Risikobewertung ist ein anspruchsvoller Schritt. In diesem Schritt muss die Frage geklärt werden, ob das zuvor eingestufte Risiko als akzeptables Restrisiko angesehen werden kann oder ob noch weitere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind. Die Festlegung des Grenzrisikos, also jenes Risiko, bei dem keine weiteren Maßnahmen als erforderlich angesehen werden, ist die wesentliche Entscheidung im Rahmen der Risikobeurteilung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Maschinenrichtlinie gefordert wird, dass von Maschinen kein bzw. nur ein akzeptables Restrisiko ausgehen darf.

Risikominderung

Das Ziel einer Risikominderung kann einerseits durch die Beseitigung der Gefährdungen oder durch getrennte oder gleichzeitige Minderung jedes der beiden Risikoelemente erreicht werden. Alle Schutzmaßnahmen, die zum Erreichen dieses Ziels angewendet werden, sind in der folgenden als „Drei-Stufen-Verfahren“ bezeichneten Reihenfolge zu ergreifen.

Schritt 1: Inhärent sichere Konstruktion
Inhärent sichere Konstruktion beseitigt Gefährdungen oder vermindert die damit verbundenen Risiken durch eine geeignete Auswahl von Konstruktionsmerkmalen der Maschine selbst und/oder Wechselwirkungen zwischen den gefährdeten Personen und der Maschine.

WICHTIG: Diese Phase ist die einzige, in der Gefährdungen beseitigt werden können. Dadurch entfällt die Notwendigkeit für zusätzliche Schutzmaßnahmen, wie technische Schutzmaßnahmen oder ergänzende Schutzmaßnahmen.

Schritt 2: Technische Schutzmaßnahmen und/oder ergänzende Schutzmaßnahmen
Unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung und der vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung können in geeigneter Weise ausgewählte technische und ergänzende Schutzmaßnahmen angewendet werden, um das Risiko zu mindern, wenn sich die Beseitigung einer Gefährdung als nicht durchführbar erweist oder das damit verbundene Risiko nicht in hinreichendem Maße durch eine inhärent sichere Konstruktion vermindert werden kann.


Schritt 3: Benutzerinformation
Verbleibt trotz inhärent sicherer Konstruktion und dem Einsatz technischer und ergänzender Schutzmaßnahmen Restrisiken, muss durch die Hinzunahme von Benutzerinformation auf jegliches Restrisiko hingewiesen werden.

Benutzerinformationen sind u.a.:

  • Hinweis auf das Tragen persönlicher Schutzausrüstung
  • Warnhinweise auf der Maschine
  • Informationen in der Betriebsanleitung für ein sicheres Arbeiten mit der Maschine

Die Benutzerinformation darf kein Ersatz für die Anwendung der inhärent sicheren Konstruktion, der technischen Schutzmaßnahmen oder der ergänzenden Schutzmaßnahmen sein.

FAQ

Die häufigsten Fragen zur Risikobeurteilung!

Eine Risikobeurteilung kann über verschiedenste Softwaretools, Word / Excel oder handschriftlich durchgeführt werden. Wichtig ist, dass man sich an die Gestaltungsleitsätze der EN ISO 12100 orientiert. Die Risikobeurteilung in erster Linie aus einer Risikoanalyse und einer Risikobewertung. Hinzu kommt der Prozess der Risikominderung, in dem geeignete Schutzmaßnahmen über das 3-Stufen-Verfahren ausgewählt werden.


Per Definition der EN ISO 12100 umfasst die Risikobeurteilung folgende Schritte:

  1. Festlegen der Grenzen der Maschine.
  2. Identifizierung der vorhandenen Gefährdungen.
  3. Risikoeinschätzung für jede Gefährdungssituation.
  4. Risikobewertung. Ist das vorhandene Restrisiko kleiner als das akzeptables Restrisiko.
  5. Risikominderung durch die Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen nach dem 3-Stufen-Verfahren.

Die Risikobeurteilung ist ein zentraler Bestandteil der technischen Nachweisdokumentation und muss vor dem Inverkehrbringen eines Produktes vollständig durchgeführt worden sein. Im besten Fall sollte die Risikobeurteilung bei der Konstruktion / Entwicklung durchgeführt werden. Über die Risikoanalyse erhält der Hersteller bereits frühzeitig einen Überblick, welches Gefährdungspotenzial von dem Produkt ausgeht und kann bei dem Produktentstehungsprozess geeignete Maßnahmen treffen.

Nur wenn die Risikobeurteilung vorhanden ist, darf der Hersteller die Konformitätserklärung ausstellen und die CE-Kennzeichnung an dem Produkt anbringen.

In der Regel erstellen Personen die Risikobeurteilung, die im Wesentlichen in dem Entwicklungs- und Konstruktionsprozess beteiligt sind und die nötige Sach- und Fachkunde mitbringen. Sofern möglich, sollte sich ein Bewertungsteam, bestehend aus Konstrukteuren aller relevanten Fachbereiche, erfahrenen Praktikern, CE-Koordinatoren und  Fachkräften für die Arbeitssicherheit zusammenfinden, um eine Risikobeurteilung durchzuführen.

Ja. Die Risikobeurteilung ist eine gesetzliche Vorschrift, die auf der Grundlage von EU-Vorschriften basiert.

Hält ein Hersteller, Importeur, Händler die gesetzlichen Vorschriften des Produktsicherheitsrechts nicht ein, kann dies unterschiedliche rechtliche Folgen haben.

  • Bußgelder bis zu einer Höhe von 100.000,00 € (bei schweren Verstößen).
  • Wettbewerbsrechtliche Konsequenzen - Schadensersatzansprüche oder Abmahnungen.
  • Anordnungen von Behörden - Untersagung des Inverkehrbringens und/oder des weiteren Vertriebs.
  • Strafrechtliche Verfolgung - Laut Produktsicherheitsgesetz werden vorsätzliche Handlung, die beharrlich wiederholt oder durch eine solche vorsätzliche Handlung Leben oder Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

Die Kosten einer Risikobeurteilung sind vom Umfang und Komplexität des Produktes abhängig. So kann eine einfache Risikobeurteilung für eine wenig komplexes Produkt bei 500,00 € liegen. Für eine komplexe Maschine können schnell 5.000,00 € bis 8.000,00 € zusammenkommen.  

In der EN ISO 12100 ist der Begriff Restrisiko wie folgt definiert:

  • Risiko, das verbleibt, nachdem Schutzmaßnahmen getroffen wurden.

Die Kennzeichnung verbleibender Restrisiken erfolgt über Warnhinweise in der Betriebsanleitung und weisen das Personal auf die entsprechende Gefahr hin.

Wichtig ist, die Unterschiede zwischen den Begrifflichkeiten zu kennen. Das zuvor beschriebene Restrisiko ist zu unterscheiden von dem akzeptablen Restrisiko oder auch Grenzrisiko genannt.

Das akzeptable Restrisiko ist im Vorfeld zu bestimmen. Zur Ermittlung des akzeptablen Restrisikos werden die beiden Risikoelemente Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit herangezogen. Für größere potenzielle Schadensausmaße wird meist F-N-Kurven und für weniger schwere Gefährdungen das ALARP-Konzept (As Low As Reasonable Practicable) eingesetzt.

Bei der Arbeit mit Maschinen kann eine Person unfreiwillig einem Risiko ausgesetzt sein. Hier wird das akzeptable Restrisiko auf Basis der geltenden Wertvorstellungen der Gesellschaft definiert. Die Festlegungen eines akzeptablen Restrisikos erfolgt dann anhand technischer Regeln, Unfallverhütungsvorschriften und Normen.

WICHTIG - Das verbleibende Restrisiko muss immer geringer als das akzeptable Restrisiko sein!

Oftmals wird im Zusammenhang mit der Risikobeurteilung auch der Begriff Gefahrenanalyse verwendet. Dieser Begriff ist als Synonym der Risikobeurteilung zu verstehen und stammte aus der ehemaligen Maschinenrichtlinie 98/37/EG.
Der Begriff Gefährdungsbeurteilung kommt aus der Betriebssicherheitsverordnung und dient der Ermittlung möglicher Gefährdungen am Arbeitsplatz oder bei einer Tätigkeit. Die Gefährdungsbeurteilung wird von Fachkräften der Arbeitssicherheit erstellt.

 

Ihre Vorteile auf einen Blick

Ihre Maschine ist ein „Unikat“. Genauso betrachten wir ihre Maschine in der Risikobeurteilung.

Unsere Risikobeurteilung ist ein auf Ihre Maschine abgestimmtes Dokument. So individuell Ihre Maschine ist, so individuell muss auch die Risikobeurteilung erstellt werden. Eine gut ausgearbeitete Risikobeurteilung, ohne die Ansammlung neutral formulierter Textpassagen, kann den Unterschied im Rechtsstreit machen.

Greifen Sie das Thema der Risikobeurteilung frühzeitig auf und vermeiden Sie teure Umbaumaßnahmen durch nachträgliche Anpassungen an der Maschinensicherheit. Wir analysieren frühzeitig und legen die Rahmenbedingungen fest. Sie können sich auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren. Wir sorgen für die Sicherheit ihrer Maschine.

Von der Planung bis zur Inbetriebnahme
Risikobeurteilung nach EN ISO 12100
Ermittlung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen
Rechtskonforme Nachweisdokumenation gemäß Anhang VII | Maschinenrichtlinie 2006/42/EG